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Mittwoch, 7. Dezember 2022

Erhellende Beobachtungen

Symbolfoto: Colin Behrens/Pixabay

Am 9. November 2022 fand zum zweiten Mal der Stadteilspaziergang zum Thema Licht in Drewitz statt. Dazu eingeladen hatte die „Gruppe Grün“ rund um Günter Mäder von der Bürgervertretung Drewitz. Dabei wurde das Thema Licht von mehreren Seiten betrachtet. Hierzu und zum Stadtspaziergang hat Günter Mäder einige Gedanken zusammengefasst.


1. Was ist eigentlich Licht?
Schon in der Sprache ist Licht und sein Gegensatz Dunkelheit von großen
Bedeutung. Hier einige Beispiele: Etwas ans Licht bringen / Licht ins Dunkel bringen / Jemanden hinters Licht führen / Wo Licht ist, ist auch Schatten / Dinge sind im Dunklen verborgen / Ein Kind erblickt das Licht der Welt / Etwas von vielen Seiten beleuchten.
Wissenschaftlich gesehen ist Licht der sichtbare Bereich der von der Sonne ausgehenden
elektromagnetischen Strahlung. Das sichtbare Licht hat demnach eine Wellenlänge
zwischen ca. 380 nm und 780 nm. (Brockhaus 1990)
Das Licht ist einer der wichtigsten abiotischen, also unbelebten, Faktoren für nahezu alle
Organismen. (Brockhaus 1986)

2. Licht und der Mensch

Welche Rolle spielt das künstliche Licht in der Entwicklung der
Menschheit? Ohne künstliches Licht ist zum Beispiel der unterirdische Bergbau und damit der
Zugriff auf viele Rohstoffe nicht möglich. Licht und Dunkelheit bestimmen den Lebensrhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus, innere Uhr) des Menschen und aller Organismen.
Künstliche Beleuchtung ist aus unserem Leben heute nicht mehr wegzudenken, wird aber zu oft gedankenlos angewendet. Was bewirkt dieses Licht bei dem Menschen und der Natur? Menschen reagieren sehr sensibel auf Licht aus dem sichtbaren blauen Spektrum, insbesondere während der Nachtstunden. Es ist die Information an unser Gehirn, dass ein neuer Tag beginnt. Nicht alle Auswirkungen von blauem Licht sind bis ins Detail erforscht. Es scheint aber so, dass nachts schon kleinste Lichtmengen zu Veränderungen im Stoffwechsel und Hormonhaushalt führen und Schlafstörungen verursachen. Bekannte Langzeitfolgen von zu wenig erholsamem Schlaf sind z.B. Erkrankungen an Krebs, Diabetes, Herzerkrankungen oder Fettleibigkeit. Der Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst sehr stark unser Wohlbefinden. Ohne ausreichend und erholsamen Schlaf ist der Mensch nicht leistungsfähig.

3. Licht und die Natur:

Etwa 30 Prozent der Wirbeltiere und über 60 Prozent der Wirbellosen sind nachtaktiv. Viele Tiere haben spezielle Sensoren herausgebildet, mit denen sie in der Lage sind, relativ geringe Lichtmengen gut wahrzunehmen – also das Licht des Mondes und der Sterne. Das deutlich stärkere künstliche Licht zieht sie an, desorientiert sie aber auch. Allein durch Straßenlaternen werden in Deutschland während einer gewöhnlichen Sommernacht etwa eine Milliarde Fluginsekten gestört.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl fliegender Insekten um drei Viertel verringert. Dieses wirkt sich negativ auf unser Ökosystem aus. Jede Mücke erfüllt ihre Aufgabe im Kreislauf der Natur. Nachtaktive Bestäuber unterstützen die tagaktiven Insekten. Ohne sie würden wir unsere Vielfalt an Obst und Gemüse verlieren. Aber auch Pflanzen werden davon beeinflusst: Fehlt dem Baum im Herbst in einer beleuchteten Umgebung das Signal, dass die Tage kürzer werden und der Winter naht, werfen einige Arten ihre Blätter später ab. Durch das Abwerfen der Blätter aber macht sich ein Baum eigentlich winterfest. Die Folge: Frostschäden. Und ein geschwächter Baum wiederum ist anfälliger für Parasiten.

Es ist daher sinnvoll, nur die notwendigen Lichter einzuschalten. Büsche und Hecken sollten nicht angestrahlt werden. Nachts ist es von Vorteil, die Lichter auszuschalten.

4. Geschichte der Straßenbeleuchtung:

1417 soll man in London an alle Hausbesitzer die Empfehlung ausgesprochen haben, in den Wintermonaten zwischen Allerheiligen (Anfang November) und Lichtmess (Anfang Februar) eine brennende Laterne am Haus anzubringen. Unter dem französischen König Ludwig XI. (1423-1483) wiederum wurde jeder Pariser Bürger verpflichtet, ein Licht ins Fenster zu stellen. 1662 wurden in London die ersten öffentlichen Öllaternen aufgestellt. 1679 folgte Berlin mit einer Laterne vor "jedem dritten Haus". Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts begann man, Gas für die
Straßenbeleuchtung einzusetzen, in Berlin im Jahr 1826. Die erste dauernd betriebene elektrische Straßenbeleuchtung Deutschlands gab es ab 1882 in Nürnberg. Ebenfalls 1882 entstand in Berlin die erste elektrische Straßenbeleuchtung.
Die Auswirkung war die Lichtverschmutzung. Deshalb die folgende Entscheidung: Die kaiserliche Wissenschaftsverwaltung hatte sich entschlossen, die astronomischen Forschungen von Berlin nach Nowawes zu verlegen. Das hatte seinen Grund: die hohe Staubkonzentration und Lichtstreuung in der Hauptstadt erschwerten die Beobachtungen. Die Sternwarte Babelsberg wurde daher im Jahr 1913 westlich der damaligen Villenkolonie Neubabelsberg eingerichtet.

5. Licht in Drewitz

Wir sind durch mehrere Innenhöfe im Stadtteil gegangen und haben die Beleuchtungssituation betrachtet. Dabei wurden viele Unterschiede deutlich. Der Artikel der Bürgervertretung Drewitz in der „Stern – Drewitz“ Zeitung (Frühling 2022) „Uns soll besser ein Licht aufgehen“ führte zu mehreren spontanen Rückmeldungen über zu viel Licht aus dem Quartier 8. Die Bewohner klagten über zu helle Außen- und auch Innenbeleuchtung (Treppenhaus). Hier ist auch für die Teilnehmer deutlich geworden, dass es nicht gut ist, so „viel Licht wie möglich“ zu installieren, sondern so „viel wie nötig“. So sind die Hausnummernbeleuchtungen teilweise so grell, dass die Zahl kaum erkennbar ist.

Als Fazit führe ich ein Zitat von Franz Hölker, Ökohydrologe am Leibniz-Institut in Berlin und Leiter
der Arbeitsgruppe Lichtverschmutzung, an: „Wirklich dunkle Nächte gibt es immer weniger auf der Erde. Wenn Mond und Sterne durch Wolken bedeckt sind, müsste es eigentlich stockdunkel sein. Das passiert kaum noch. Im Gegenteil: In der Stadt wird es oft sogar heller, weil das streuende Licht von der Wolkendecke reflektiert wird. Natürlich dunkle Nächte sind in Industrienationen etwas, das man suchen muss. Deshalb gibt es für Leute in Großstädten kaum noch einen Grund, nach oben zu gucken, das Ergebnis ist ziemlich langweilig. Mehr als 40 Prozent der unter 30-Jährigen haben noch nie die Milchstraße gesehen.
Die uralte Kultur, in die Sterne zu blicken, das vergeht. Ich finde das sehr schade. Es ist manchmal ja gar nicht so schlecht, in guten, dunklen, natürlichen Nächten in den Himmel zu schauen und sich selbst zu verorten, als kleines Licht in diesem gigantischen Universum. Da werden manche Probleme gleich sehr viel kleiner. Die Sterne bewahren unsere Fähigkeit zu träumen.“

Der nächste Spaziergang zum Thema Licht ist für Mittwoch, 18. Januar 2023 geplant. Treffpunkt ist um 17 Uhr vor der Stadtteilschule in der Oskar-Meßter-Straße.