Donnerstag, 5. November 2015

Neue Nachbarn auch in Drewitz

Aus der November-Ausgabe der SternDrewitz:

Auf dem Parkplatz an der Slatan-Dudow-Straße in Drewitz sollen in den nächsten Wochen Leichtbauhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen aufgestellt werden. SternDrewitz sprach dazu mit Frank Thomann, Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit der Landeshauptstadt Potsdam.

Wann werden die Leichtbauhallen aufgestellt?
Geplant ist die Aufstellung für Anfang November dieses Jahres. Möglicherweise können Lieferschwierigkeiten des Herstellers oder Probleme beim Aufbau die Aufstellung verzögern. Bis in die erste Dezemberwoche sollten die Hallen dann allerdings stehen. Wir planen zwei Leichtbauhallen mit einer Größe von 12 mal 30 Meter. Dazu kommen eine kleinere Halle in etwa der halben Größe für einen Aufenthaltsbereich und Büros sowie Sanitär- und Duschcontainer.

Für wie lange ist die Standzeit geplant?
Es ist vorgesehen, die Hallen nicht länger als 2 bis max. 3 Jahre zu nutzen. Danach werden wir sie wieder abbauen. Die Leichtbauhallen sollen uns in den nächsten Monaten die Möglichkeit geben, den starken Flüchtlingsstrom zu bewältigen. Inzwischen nutzen wir die Zeit, um nach besser geeigneten Unterkünften Ausschau zu halten, damit die Personen, welche in den Leichtbauhallen untergebracht sind, umziehen können.

Zu welchem Zeitpunkt soll die erste Belegung erfolgen?
Wenn die Hallen aufgestellt sind, werden die ersten Bewohnerinnen und Bewohner einziehen. Wir werden die Belegung nicht „in einem Rutsch“ durchführen, sondern nach und nach. Wir planen derzeit auch nicht, diese mit der vollen Kapazität von 2 mal 48, also 96 Plätzen, zu belegen, sondern die maximale Belegungszahl bei 80 Personen zu belassen. Dies dient auch dazu, die  Wohnsituation in den Hallen etwas zu entzerren.

Wer wird nach Drewitz kommen?
Die Erstaufnahmestellen in Eisenhüttenstadt, Ferch und Potsdam in der Heinrich-Mann-Allee stehen unter einem großen Handlungsdruck. Deswegen ist es nicht mehr wie früher möglich, uns mit der Erstaufnahmestelle über den Familienstand oder das Geschlecht der zugewiesenen Flüchtlinge zu verständigen. Zurzeit kommen vorwiegend allein reisende Männer und Frauen oder Paare zu uns. Wenn Familien mit Kindern in diese Unterkunft eingewiesen werden, planen wir, diese in wenigen Tagen in eine andere Potsdamer Unterkunft zu verlegen. Wir möchten, dass Kinder möglichst in Wohnungen aufwachsen und wollen auch ein eventuelles Konfliktpotential in den Leichtbauhallen minimieren.

Welche Nationalitäten werden hier vorzugsweise untergebracht?
Im Moment kommt ein starker Flüchtlingsstrom vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan.

Werden die Kinder nur die Schulen und Kindergärten von Drewitz besuchen dürfen?
Wie gesagt, planen wir nicht die dauerhafte Unterbringung von Familien mit Kindern in den Leichtbauhallen. Mithin stellt sich die direkte Frage für Drewitz nicht. Grundsätzlich ist die Integration von Flüchtlingen und insbesondere von Kindern natürlich ein Hauptziel unserer Arbeit. Die politischen Spitzen der Landeshauptstadt Potsdam sind in Gesprächen, um Schulen und Kindergärten auf diese Situation vorzubereiten. Es ist für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Auf Grund des enormen Flüchtlingsstroms müssen bestehende Planungen (z.B. der Schulentwicklungsplan) angepasst werden. Aber ich bin sicher, dass wir dies gemeinsam schaffen.

Welche Sicherheitsmaßnahmen werden für die Einrichtungen getroffen und wie kann man Kontakt aufnehmen?
Am Tag betreut ein sozialer Träger in unserem Auftrag die Einrichtung. In den Abend- und Nachtstunden wird ein Wachschutzunternehmen vor Ort sein. Regelmäßig wird eine Polizeistreife durch Drewitz fahren. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten die Telefonnummern des sozialen Trägers sowie des Wachschutzes und können im Bedarfsfall auch bei akuten Problemen direkt Kontakt mit der Einrichtung aufnehmen.

Wer ist Betreiber dieser Einrichtung?
Betreiber dieser Einrichtung ist der Verein „Soziale Stadt Potsdam“ e.V., ein erfahrener Partner in Potsdam, der auch für andere Einrichtungen in der Stadt tätig ist.

Was kann die Drewitzerin, der Drewitzer tun, um diese Einrichtung zu unter-stützen?
Wir sind dankbar, wenn Bürgerinnen und Bürger spenden. Willkommen sind sowohl Sachspenden als auch persönliches Engagement. Sie können sich direkt an den sozialen Träger wenden oder an die Servicestelle Tolerantes und Sicheres Potsdam, tosip@rathaus.potsdam.de. Was genau gebraucht wird, wissen wir jedoch erst, wenn die ersten Bewohnerinnen und Bewohner eingezogen sind.

Ist der Zeitraum klar, wie lange die Flüchtlinge hier leben werden?
Wir planen, innerhalb der ersten sechs Monate des Aufenthaltes eines Flüchtlings in den Leichtbauhallen eine Umverteilung vorzunehmen. Die Unterbringung von Flüchtlingen nehmen wir nach einer bestimmten Prioritätensetzung vor, Notunterkünfte wie Leichtbauhallen oder Schiffsplätze haben die dritte Priorität. Sie stehen damit noch vor der Belegung von Turnhallen als letzte Priorität, welche wir aber in Potsdam nicht vor-nehmen wollen. Wir möchten weder den Schul- noch den Vereinssport vertreiben und wir glauben auch nicht, dass die massenhafte Belegung von Turnhallen ein guter Anfang für die Integration in einer Kommune ist. Unsere zweite Priorisierung ist die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften in leerstehenden Gebäuden. Als erste Priorität sehen wir die Versorgung der Flüchtlinge mit Wohnraum. Dabei werden wir auch sehr genau darauf achten, dass auch andere Personengruppen auf der Suche nach Wohnraum sind (z.B. Studenten, Familien, Senioren oder andere Neuzuzügler).

Wie wird die Integration der Flüchtlinge im Stadtteil gewährleistet?
Der soziale Träger hat die Aufgabe, die Menschen aktiv in das Leben der Stadt einzuführen. Dazu gehört vorrangig der Besuch von Sprachkursen. Integration ist nur erfolgreich über das Erlernen der deutschen Sprache. Die Freizeitgestaltung und die Aufnahme von gemeinnütziger Arbeit, welche wir anbieten, werden zusammen mit dem Träger (Verein „Soziale Stadt Potsdam“), weiteren sozialen und Bildungseinrichtungen aus Drewitz, der Kirche und persönlich Engagierten im Stadtteil gestaltet.
Für die Arbeitsaufnahme streben wir eine noch engere Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter der Landeshauptstadt Potsdam an, welche aber auch bereits sehr gut angelaufen ist.

Welche zusätzlichen Maßnahmen und Ressourcen sind hier in Drewitz geplant?
Wir haben erfahren, dass es in Drewitz bereits viele Angebote gibt. Gemeinsam mit dem oskar. BEGEGNUNGSZENTRUM in der Gartenstadt Drewitz, dem Stadtteilmanagement von Stadtkontor, dem Kinderclub „Junior“ sowie dem Jugendclub „Offline“ des SC Potsdam, der Arche und anderen Trägern und Einrichtungen wie Kita und Schule sollen diese Angebote für die neuen Nachbarn geöffnet werden. Politisch wird das vom Stadtteilrat Stern/ Drewitz/ Kirchsteigfeld unterstützt und begleitet. Das wurde bereits in einer Sondersitzung vorab vereinbart.

Welche Erwartungen werden an das soziale Netzwerk des Stadtteils gestellt?
Das soziale Netzwerk des Stadtteils erleben wir als sehr positiv. Wir sehen und respektieren die Ängste, die ganz natürlich entstehen, wenn sich zum einen das Stadtteil-bild verändert und man sich mit einem neuen, unbekannten Einfluss auseinandersetzen muss. Die Menschen, die zu uns kommen, sind aber keine Bedrohung, sondern kommen aus Not, Krieg und Vertreibung. In der Regel sind die Menschen leistungsfähig, motiviert und integrationswillig. Teilweise bringen sie Qualifikationen mit, die auf dem Arbeitsmarkt gesucht werden. Schauen Sie doch einfach mal vorbei und kommen mit ihnen ins Gespräch.

Wie viele der vorhandenen Stellplätze werden durch die Errichtung und Sicherung der Leichtbauhallen wegfallen?
Voraussichtlich werden ca. 87 Wohngebietsstellplätze mit der geplanten Unterkunft überbaut werden. Allerdings wird es dadurch zu keinem Engpass bei der Versorgung mit Pkw-Stellplätzen für die Drewitzerinnen und Drewitzer kommen. Diese Aussage kann gemacht werden, weil das errechnete Verhältnis aller im Stadtteil zur Verfügung stehenden Stellplätze zum ermittelten Bedarf (Ergebnis der seinerzeit in Drewitz durchgeführten Haushaltsbefragung) positiv ist. Es ist also noch eine ausreichende Anzahl von Stellplätzen im Stadtteil vorhanden.