Mittwoch, 25. November 2020

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Häusliche Gewalt ist allgegenwärtig – auch in Potsdam

Foto: Alexas Fotos/Pixabay
Zum heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen werden wieder überall in Deutschland Fahnen gehisst – so auch vor dem Potsdamer Rathaus, dem Sozialministerium und dem Landtag. Vor dem Parlamentsgebäude wird der Frauenpolitische Rat zudem eine „Rote-Schuhe-Aktion“ durchführen: 117 Paar Schuhe stehen symbolisch für die 117 Frauen, die im vergangenen Jahr in Deutschland von ihren (Ex-)Partnern ermordet wurden. Jeden dritten Tag fällt also in der Bundesrepublik eine Frau solch einem Femizid zum Opfer. In Brandenburg wurden 2019 9 Frauen durch ihren (Ex-)Partner oder Ehemann getötet.

Laut PNN verzeichnete die Polizei in Brandenburg in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 1.840 Fälle häuslicher Gewalt –22 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2019. Laut den Zahlen des Landeskriminalamts lag Potsdam im vergangenen Jahr bei Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt mit 6,8 Prozent aller erfassten Fälle auf Platz zwei hinter Cottbus. Eine besondere Belastung ist die Situation für geflüchtete Frauen in Gemeinschaftsunterkünften, heißt es von Seiten des Autonomen Frauenzentrums Potsdam.

„Es ist wichtig, häusliche Gewalt immer wieder zu thematisieren, in den Medien differenziert darüber zu berichten und Frauen Mut zu machen", so Heiderose Gerber, Vorständin des Frauenzentrums. Gerade der Lockdown des Frühjahrs 2020 habe gezeigt, wie wichtig es ist, dass Nachbarinnen und Nachbarn sowie Angehörige aufmerksam sind, Unterstützung anbieten und im Zweifel die Polizei verständigen. Positive Entwicklungen sieht das Autonome Frauenzentrum in der medialen Berichterstattung, die zunehmend differenzierter wird. So hat auch der deutsche Presserat 2019 dazu aufgerufen, auf verharmlosende Begriffe wie „Familiendrama“ zu verzichten.

Im Potsdamer Frauenhaus fanden 2019 38 Frauen und 38 Kinder Schutz. Der Bedarf sei jedoch weit größer: 66 Frauen konnten nicht aufgenommen werden und wurden an andere Schutzeinrichtungen vermittelt. Besonders schwierig sei die Lage für Frauen mit mehr als drei Kindern, weil nicht nur im Potsdamer Frauenhaus, sondern auch in der Umgebung keine ausreichende Infrastruktur vorhanden ist.

Die Frauen, die im Potsdamer Frauenhaus waren, sind durchschnittlich jung: 43 Prozent von ihnen waren jünger als 30, 47 Prozent zwischen 30 und 40 Jahren alt. Rund zwei Drittel der Frauen suchten vor dem eigenen Ehemann oder Lebenspartner Schutz, weitere 11 Prozent vor ihrem Ex-Partner bzw. Ex-Mann. Die meisten Frauen wurden 2019 durch Beratungsstellen, Ärzte oder Jobcenter vermittelt, auch die Polizei brachte viele von ihnen ins Frauenhaus.

Die wichtige Rolle der öffentlichen Institutionen zeigte sich im Frühjahr 2020: Durch den Lockdown fielen die meisten dieser Kontakte weg, entsprechend weniger Anfragen erreichten das Frauenhaus: Die Belegung des Frauenhauses sackte im Lockdown auf 5 Frauen ab. Im bisherigen Rückblick auf das Jahr 2020 zeigt sich, dass 50% der Belegung im Januar und Februar, also vor dem Lockdown stattfand. Erst mit Aufhebung des Lockdowns stiegen die Zahlen wieder.

Beratungsstelle: Die Beratungsstelle für Frauen und Mädchen in der Garnstraße in Babelsberg führte 2019 insgesamt 691 Beratungen durch. Für den Großteil der Frauen war das Erstgespräch ausreichend, viele Frauen wurden aber auch mehrfach beraten. Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle standen entweder im persönlichen Gespräch in der Beratungsstelle zur Verfügung, beraten wurde aber auch per E-Mail, telefonisch, postalisch, sowie aufsuchend. Inhaltlich waren die Themen häusliche Gewalt sowie Trennung und Scheidung bestimmend. Außerdem wurden auch Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie professionelle Helferinnen und Helfer beraten.

Die Frauennotwohnung des Vereins war während des Jahres 2019 fast voll ausgelastet. Sie wird vorrangig von Frauen mit einem längeren Betreuungs- und Begleitungsbedarf bewohnt sowie von Frauen mit älteren Söhnen.

Mehr zu Beratungs- und Hilfsangeboten für Frauen in Not findet Ihr unter https://frauenzentrum-potsdam.de.

 

Kontakte im Notfall

  • Im akuten Fall von häuslicher Gewalt erreicht Ihr das Frauenhaus unter 0331 96 45 16.
  • Opfer einer Vergewaltigung sollten sich auf jeden Fall medizinisch untersuchen lassen, auch wenn Sie selbst keine Verletzungen bemerken. Unter anderem bietet das Klinikum Ernst von Bergmann medizinische Hilfe für Vergewaltigungsopfer an. Weitere Informationen zu Handlungsmöglichkeiten und zur vertraulichen Spurensicherung und findet Ihr hier. https://www.hilfe-nach-vergewaltigung-brandenburg.de/
  • Bei Beratungsbedarf steht die Frauen- und Mädchenberatungsstelle unter 0331 97 46 95 zur Verfügung.
  • Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben – 365 Tage, rund um die Uhr erreichbar.