Symbolfoto: Colin Behrens/Pixabay |
Am 9. November 2022 fand zum zweiten Mal der Stadteilspaziergang zum Thema Licht in Drewitz statt. Dazu eingeladen hatte die „Gruppe Grün“ rund um Günter Mäder von der Bürgervertretung Drewitz. Dabei wurde das Thema Licht von mehreren Seiten betrachtet. Hierzu und zum Stadtspaziergang hat Günter Mäder einige Gedanken zusammengefasst.
1. Was ist eigentlich Licht?
Schon in der Sprache ist Licht und sein Gegensatz Dunkelheit von großen
Bedeutung. Hier einige Beispiele: Etwas ans Licht bringen / Licht ins Dunkel
bringen / Jemanden hinters Licht führen / Wo Licht ist, ist auch Schatten /
Dinge sind im Dunklen verborgen / Ein Kind erblickt das Licht der Welt / Etwas
von vielen Seiten beleuchten.
Wissenschaftlich gesehen ist Licht der sichtbare Bereich der von der Sonne
ausgehenden
elektromagnetischen Strahlung. Das sichtbare Licht hat demnach eine Wellenlänge
zwischen ca. 380 nm und 780 nm. (Brockhaus 1990)
Das Licht ist einer der wichtigsten abiotischen, also unbelebten, Faktoren für
nahezu alle
Organismen. (Brockhaus 1986)
2. Licht und der Mensch
Welche Rolle spielt das künstliche Licht in der Entwicklung der
Menschheit? Ohne künstliches Licht ist zum Beispiel der unterirdische Bergbau
und damit der
Zugriff auf viele Rohstoffe nicht möglich. Licht und Dunkelheit bestimmen den
Lebensrhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus, innere Uhr) des Menschen und aller
Organismen.
Künstliche Beleuchtung ist aus unserem Leben heute nicht mehr wegzudenken, wird
aber zu oft gedankenlos angewendet. Was bewirkt dieses Licht bei dem Menschen
und der Natur? Menschen reagieren sehr sensibel auf Licht aus dem sichtbaren
blauen Spektrum, insbesondere während der Nachtstunden. Es ist die Information
an unser Gehirn, dass ein neuer Tag beginnt. Nicht alle Auswirkungen von blauem
Licht sind bis ins Detail erforscht. Es scheint aber so, dass nachts schon
kleinste Lichtmengen zu Veränderungen im Stoffwechsel und Hormonhaushalt führen
und Schlafstörungen verursachen. Bekannte Langzeitfolgen von zu wenig
erholsamem Schlaf sind z.B. Erkrankungen an Krebs, Diabetes, Herzerkrankungen
oder Fettleibigkeit. Der Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst sehr stark unser
Wohlbefinden. Ohne ausreichend und erholsamen Schlaf ist der Mensch nicht
leistungsfähig.
3. Licht und die Natur:
Etwa 30 Prozent der Wirbeltiere und über 60 Prozent der Wirbellosen sind nachtaktiv.
Viele Tiere haben spezielle Sensoren herausgebildet, mit denen sie in der Lage
sind, relativ geringe Lichtmengen gut wahrzunehmen – also das Licht des Mondes
und der Sterne. Das deutlich stärkere künstliche Licht zieht sie an,
desorientiert sie aber auch. Allein durch Straßenlaternen werden in Deutschland
während einer gewöhnlichen Sommernacht etwa eine Milliarde Fluginsekten
gestört.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl fliegender Insekten um drei Viertel
verringert. Dieses wirkt sich negativ auf unser Ökosystem aus. Jede Mücke
erfüllt ihre Aufgabe im Kreislauf der Natur. Nachtaktive Bestäuber unterstützen
die tagaktiven Insekten. Ohne sie würden wir unsere Vielfalt an Obst und Gemüse
verlieren. Aber auch Pflanzen werden davon beeinflusst: Fehlt dem Baum im
Herbst in einer beleuchteten Umgebung das Signal, dass die Tage kürzer werden
und der Winter naht, werfen einige Arten ihre Blätter später ab. Durch das
Abwerfen der Blätter aber macht sich ein Baum eigentlich winterfest. Die Folge:
Frostschäden. Und ein geschwächter Baum wiederum ist anfälliger für Parasiten.
Es ist daher sinnvoll, nur die notwendigen Lichter
einzuschalten. Büsche und Hecken sollten nicht angestrahlt werden. Nachts ist
es von Vorteil, die Lichter auszuschalten.
4. Geschichte der Straßenbeleuchtung:
1417 soll man in London an alle Hausbesitzer die Empfehlung ausgesprochen
haben, in den Wintermonaten zwischen Allerheiligen (Anfang November) und
Lichtmess (Anfang Februar) eine brennende Laterne am Haus anzubringen. Unter
dem französischen König Ludwig XI. (1423-1483) wiederum wurde jeder Pariser
Bürger verpflichtet, ein Licht ins Fenster zu stellen. 1662 wurden in London
die ersten öffentlichen Öllaternen aufgestellt. 1679 folgte Berlin mit einer
Laterne vor "jedem dritten Haus". Im ersten Drittel des 19.
Jahrhunderts begann man, Gas für die
Straßenbeleuchtung einzusetzen, in Berlin im Jahr 1826. Die erste dauernd
betriebene elektrische Straßenbeleuchtung Deutschlands gab es ab 1882 in
Nürnberg. Ebenfalls 1882 entstand in Berlin die erste elektrische
Straßenbeleuchtung.
Die Auswirkung war die Lichtverschmutzung. Deshalb die folgende Entscheidung: Die
kaiserliche Wissenschaftsverwaltung hatte sich entschlossen, die astronomischen
Forschungen von Berlin nach Nowawes zu verlegen. Das hatte seinen Grund: die
hohe Staubkonzentration und Lichtstreuung in der Hauptstadt erschwerten die
Beobachtungen. Die Sternwarte Babelsberg wurde daher im Jahr 1913 westlich der
damaligen Villenkolonie Neubabelsberg eingerichtet.
5. Licht in Drewitz
Wir sind durch mehrere Innenhöfe im Stadtteil gegangen und haben die Beleuchtungssituation
betrachtet. Dabei wurden viele Unterschiede deutlich. Der Artikel der
Bürgervertretung Drewitz in der „Stern – Drewitz“ Zeitung (Frühling 2022) „Uns
soll besser ein Licht aufgehen“ führte zu mehreren spontanen Rückmeldungen über
zu viel Licht aus dem Quartier 8. Die Bewohner klagten über zu helle Außen- und
auch Innenbeleuchtung (Treppenhaus). Hier ist auch für die Teilnehmer deutlich
geworden, dass es nicht gut ist, so „viel Licht wie möglich“ zu installieren,
sondern so „viel wie nötig“. So sind die Hausnummernbeleuchtungen teilweise so
grell, dass die Zahl kaum erkennbar ist.
Als Fazit führe ich ein Zitat von Franz Hölker, Ökohydrologe am
Leibniz-Institut in Berlin und Leiter
der Arbeitsgruppe Lichtverschmutzung, an: „Wirklich dunkle Nächte gibt es immer
weniger auf der Erde. Wenn Mond und Sterne durch Wolken bedeckt sind, müsste es
eigentlich stockdunkel sein. Das passiert kaum noch. Im Gegenteil: In der Stadt
wird es oft sogar heller, weil das streuende Licht von der Wolkendecke reflektiert
wird. Natürlich dunkle Nächte sind in Industrienationen etwas, das man suchen
muss. Deshalb gibt es für Leute in Großstädten kaum noch einen Grund, nach oben
zu gucken, das Ergebnis ist ziemlich langweilig. Mehr als 40 Prozent der unter
30-Jährigen haben noch nie die Milchstraße gesehen.
Die uralte Kultur, in die Sterne zu blicken, das vergeht. Ich finde das sehr
schade. Es ist manchmal ja gar nicht so schlecht, in guten, dunklen,
natürlichen Nächten in den Himmel zu schauen und sich selbst zu verorten, als
kleines Licht in diesem gigantischen Universum. Da werden manche Probleme
gleich sehr viel kleiner. Die Sterne bewahren unsere Fähigkeit zu träumen.“
Der nächste Spaziergang zum Thema Licht ist für Mittwoch, 18. Januar 2023 geplant. Treffpunkt ist um 17 Uhr vor der Stadtteilschule in der Oskar-Meßter-Straße.