Die Familie Drygalla an der Rolle. Foto: Benjamin Maltry |
Kein Stadtteil hat in den letzten Jahren so sehr sein Gesicht zum Guten verändert wie Drewitz. Die Verwandlung der grauen Plattenbausiedlung in eine Gartenstadt findet internationale Beachtung. Zu den ehrgeizigsten Projekten zählt die 2019 abgeschlossene Rundumsanierung der sogenannten Rolle, einer rund 300 Meter langen Häuserzeile entlang der Konrad-Wolf-Allee.
Mutige Schnitte
Nie wäre Melanie Drygalla auf die Idee gekommen, dass sie hier einmal gerne wohnen würde: „Die Rolle kannte ich eigentlich nur als Pizza-Lieferantin. Schön war es hier nicht.“ Aber es kam anders: Im Sommer 2014 schulte sie ihren Sohn in Drewitz ein: „Unser Schwager hatte uns die gerade renovierte Stadtteilschule empfohlen“, erinnert sich die junge Mutter. Fortan war sie regelmäßig in Drewitz und konnte die Veränderungen verfolgen.
Im August 2015 begann der Umbau der Rolle, ein Ensemble aus sechs Gebäuden, das sich parallel zum Konrad-Wolf-Park erstreckt. Die ProPotsdam und eine unabhängige Mieterberatung halfen den Bewohnern, während der Bauzeit Ersatzwohnungen zu finden. Wer wollte, konnte sich vergrößern oder verkleinern, oder aber ganz woanders hinziehen. Die meisten entschieden sich, in das gewohnte Quartier zurückzukehren.
Die ProPotsdam ließ die Grundrisse der Wohnungen neu ordnen: „Vor der Sanierung gab es nur Zwei- und Dreiraumwohnungen“, erläutert Tino Schröder, als Teamleiter bei der ProPotsdam seit 2014 mit dem Projekt betraut. „Jetzt verfügen wir über 16 verschiedene Wohnungstypen, vom EinRaum-Appartement bis zur Fünfraumwohnung speziell für große Familien.“ Auch ein Wohnprojekt fand in der Rolle Platz, das ein Zusammenleben mehrerer Generationen ermöglicht. Die Gewerberäume wurden modernisiert. So erhielt die Sparkasse ein zeitgemäßes Domizil, auch ein Ärztehaus wurde eingerichtet.
Die Gestaltung der Fassaden plante Architekt Robert Lassenius als Referenz an den Namensgeber der Straße. Die oberste Etage zieren Filmtitel. Die in Weiß und verschiedenen Grautönen gehaltenen Fassaden spiegeln das Auf und Ab im Leben von Konrad Wolf wider. Die bunten Balkone stehen für die Genres, die der Regisseur mit seinen Werken bereichert hat. „Sicherlich eine ungewöhnliche Lösung, aber eine, die sich über einen starken Bezug zur Identität des Quartiers erschließt“, sagt dazu Ilka Pöschl, Architektin und Prokuristin der mit der Sanierung beauftragten RTW Architekten- und Ingenieursgesellschaft.
Neues Lebensgefühl
Melanie Drygalla und ihr Mann Jens, die beide als selbstständige Fotografen arbeiten, beobachteten, wie sich die Rolle Bauabschnitt für Bauabschnitt herausputzte. „Wir dachten uns, vielleicht wäre es gut, hier Fuß zu fassen, jetzt, wo der Stadtteil so viel Potenzial entwickelt.“ Und so zogen sie im August 2017 in eine der in der Rolle neugeschaffenen Maisonette-Wohnungen: Im Erdgeschoss eröffneten sie ihr Fotostudio „D Image Factory“, in den Wohnräumen darüber fand das Paar mit seinen zwei Kindern ein neues Zuhause. Inzwischen ist eine weitere Tochter dazu gekommen.
„Die Räume oben wie unten sind schön geschnitten“, schwärmt Jens Drygalla. „Im Sommer wie im Winter ist es immer gut temperiert.“ Der fürs Wohlgefühl nötige Energieverbrauch ist seit der Sanierung um mehr als 50 Prozent gesunken. Die CO2-Emissionen sanken dank der Sanierung und der Umstellung auf die emissionsfreie Grüne Fernwärme auf null.
Die Umgestaltung der Gebäude und die Begrünung des Quartiers haben maßgeblich zu einem neuen Lebensgefühl in Drewitz beigetragen, finden die Drygallas. Viele ziehen an einem Strang, um das Quartier voranzubringen, darunter der neue Gewerbeverein, die Schulen und das oskar. als Stadtteil- und Begegnungszentrum. „Wir identifizieren uns sehr mit Drewitz“, bekundet Melanie Drygalla. „Hier wurden wir so gut aufgenommen, dafür wollen wir etwas zurückgeben.“
Quelle: EINSVIER/Redakteur Torsten Bless
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