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Foto: Alexas Fotos/Pixabay
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Zum heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen werden
wieder überall in Deutschland Fahnen gehisst – so auch vor dem Potsdamer
Rathaus, dem Sozialministerium und dem Landtag. Vor dem Parlamentsgebäude wird der
Frauenpolitische Rat zudem eine „Rote-Schuhe-Aktion“ durchführen: 117 Paar
Schuhe stehen symbolisch für die 117 Frauen, die im vergangenen Jahr in
Deutschland von ihren (Ex-)Partnern ermordet wurden. Jeden dritten Tag fällt
also in der Bundesrepublik eine Frau solch einem Femizid zum Opfer. In Brandenburg
wurden 2019 9 Frauen durch ihren (Ex-)Partner oder Ehemann getötet.
Laut PNN verzeichnete die Polizei in Brandenburg in den
ersten sieben Monaten dieses Jahres 1.840 Fälle häuslicher Gewalt –22 Prozent mehr
als im selben Zeitraum 2019. Laut den Zahlen des Landeskriminalamts lag Potsdam
im vergangenen Jahr bei Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt mit
6,8 Prozent aller erfassten Fälle auf Platz zwei hinter Cottbus. Eine besondere
Belastung ist die Situation für geflüchtete Frauen in Gemeinschaftsunterkünften,
heißt es von Seiten des Autonomen Frauenzentrums Potsdam.
„Es ist wichtig, häusliche Gewalt immer wieder zu
thematisieren, in den Medien differenziert darüber zu berichten und Frauen Mut
zu machen", so Heiderose Gerber, Vorständin des Frauenzentrums. Gerade der
Lockdown des Frühjahrs 2020 habe gezeigt, wie wichtig es ist, dass Nachbarinnen
und Nachbarn sowie Angehörige aufmerksam sind, Unterstützung anbieten und im
Zweifel die Polizei verständigen. Positive Entwicklungen sieht das Autonome
Frauenzentrum in der medialen Berichterstattung, die zunehmend differenzierter
wird. So hat auch der deutsche Presserat 2019 dazu aufgerufen, auf
verharmlosende Begriffe wie „Familiendrama“ zu verzichten.
Im Potsdamer Frauenhaus fanden 2019 38 Frauen und 38 Kinder
Schutz. Der Bedarf sei jedoch weit größer: 66 Frauen konnten nicht aufgenommen
werden und wurden an andere Schutzeinrichtungen vermittelt. Besonders schwierig
sei die Lage für Frauen mit mehr als drei Kindern, weil nicht nur im Potsdamer
Frauenhaus, sondern auch in der Umgebung keine ausreichende Infrastruktur
vorhanden ist.
Die Frauen, die im Potsdamer Frauenhaus waren, sind
durchschnittlich jung: 43 Prozent von ihnen waren jünger als 30, 47 Prozent
zwischen 30 und 40 Jahren alt. Rund zwei Drittel der Frauen suchten vor dem
eigenen Ehemann oder Lebenspartner Schutz, weitere 11 Prozent vor ihrem
Ex-Partner bzw. Ex-Mann. Die meisten Frauen wurden 2019 durch Beratungsstellen,
Ärzte oder Jobcenter vermittelt, auch die Polizei brachte viele von ihnen ins
Frauenhaus.
Die wichtige Rolle der öffentlichen Institutionen zeigte
sich im Frühjahr 2020: Durch den Lockdown fielen die meisten dieser Kontakte
weg, entsprechend weniger Anfragen erreichten das Frauenhaus: Die Belegung des
Frauenhauses sackte im Lockdown auf 5 Frauen ab. Im bisherigen Rückblick auf
das Jahr 2020 zeigt sich, dass 50% der Belegung im Januar und Februar, also vor
dem Lockdown stattfand. Erst mit Aufhebung des Lockdowns stiegen die Zahlen
wieder.
Beratungsstelle: Die Beratungsstelle für Frauen und Mädchen
in der Garnstraße in Babelsberg führte 2019 insgesamt 691 Beratungen durch. Für
den Großteil der Frauen war das Erstgespräch ausreichend, viele Frauen wurden
aber auch mehrfach beraten. Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle standen
entweder im persönlichen Gespräch in der Beratungsstelle zur Verfügung, beraten
wurde aber auch per E-Mail, telefonisch, postalisch, sowie aufsuchend. Inhaltlich
waren die Themen häusliche Gewalt sowie Trennung und Scheidung bestimmend.
Außerdem wurden auch Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie professionelle
Helferinnen und Helfer beraten.
Die Frauennotwohnung des Vereins war während des Jahres 2019
fast voll ausgelastet. Sie wird vorrangig von Frauen mit einem längeren
Betreuungs- und Begleitungsbedarf bewohnt sowie von Frauen mit älteren Söhnen.
Mehr zu Beratungs- und Hilfsangeboten für Frauen in Not
findet Ihr unter https://frauenzentrum-potsdam.de.
Kontakte im Notfall
- Im akuten Fall von häuslicher Gewalt erreicht Ihr das
Frauenhaus unter 0331 96 45 16.
- Opfer einer Vergewaltigung sollten sich auf jeden Fall
medizinisch untersuchen lassen, auch wenn Sie selbst keine Verletzungen
bemerken. Unter anderem bietet das Klinikum Ernst von Bergmann medizinische Hilfe
für Vergewaltigungsopfer an. Weitere Informationen zu Handlungsmöglichkeiten
und zur vertraulichen Spurensicherung und findet Ihr hier. https://www.hilfe-nach-vergewaltigung-brandenburg.de/
- Bei Beratungsbedarf steht die Frauen- und
Mädchenberatungsstelle unter 0331 97 46 95 zur Verfügung.
- Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016
ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder
noch erleben – 365 Tage, rund um die Uhr erreichbar.